Frühling lässt sein rot-weißes Band flattern

In Rumänien und anderen Ländern des Balkans wird am 1. März der Frühling begrüßt, mit rot-weißen Bändern, die man an Freund*innen verschenkt – die Märzchen. Die haben 2020 im Karlsruher Stadtteil Neureut-Heide mehrere Läden und Restaurants an ihre Kund*innen verschenkt, geheftet an Kärtchen, auf denen unter anderem stand: „Frühlingsbeginn auch am Heidesee: Alles beginnt zu blühen. […] Wusstet ihr, dass der Heidesee Schutzgebiet ist?“
Hinter der Aktion steckt das Projekt „ub:ikul – Umweltbildung: ganz einfach interkulturell“ des forums für internationale entwicklung + planung in Esslingen, kurz finep. Dort wollte man Menschen mit Migrationsbezug in der Naturschutz- und Umweltbildungsarbeit besser ansprechen. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es in einer heterogenen Gesellschaft nicht funktioniert, Nachhaltigkeit mit der immer gleichen Botschaft zu vermitteln“, sagt Projektleiterin Anna-Maria Schuttkowski. Mit ub:ikul wolle man nicht von oben herab belehren, sondern als Vermittler auftreten: zwischen migrantischen Organisationen, die sich stark für Sprache, Bildung und Arbeit einsetzten, und Umweltorganisationen, die sich zu sehr in der eigenen Blase bewegten.
In Karlsruhe etwa leidet der Heidesee, ein kleiner, heute als Biotop geschützter Baggersee am Stadtrand, unter Übernutzung. Es habe sich das falsche Bild entwickelt, „die Migrant*innen“ seien Schuld, weil der anschließende Stadtteil migrantisch geprägt ist. Das wollte man aufbrechen, sagt Schuttkowski. Es sei aufwändig gewesen, aber nach Umfragen vor Ort entwickelte das finep-Team gemeinsam mit der Stadt, dem Bürgerverein „Weite Teile der Bevölkerung, Neureut-Heide und der Rumänisch-Deutschen Vereinigung in Baden-Württemberg das Umweltbildungsprojekt mit den Märzchen. Das Konzept dahinter nennt finep „Casual-Learning“: Umweltbotschaften werden im Vorbeigehen gelernt, weil sie in den Alltag integriert und in der Alltagssprache der Zielgruppen formuliert sind.
Insgesamt sechs Projekte umfasste ub:ikul – so fordern jetzt Sprechblasen im Waschraum einer Moschee in Heilbronn zum sorgsamen Umgang mit Wasser auf. Das Projekt ist damit vorerst abgeschlossen: „Bitte kopieren und nachmachen“, sagt Schuttkowski. Sie sieht eine systematische Leerstelle in der interkulturellen Umweltbildung, die vor allem für ehrenamtliche Organisationen oft schwer zu schließen sei. Da brauche es strukturelle Unterstützung. „Wir sehen, dass sich weite Teile der Bevölkerung, die bisher kaum angesprochen worden sind, für die Umwelt engagieren wollen. Das müssen wir als Gesellschaft erschließen, sonst verlieren wir viel Potenzial“, sagt Schuttkowski.
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